In diesem Semester unterrichte am Institut für Allgemeine und Vergleichende Literaturwissenschaft in Frankfurt ein Seminar zum weiblichen Schreiben in der Aufklärung.
Im Seminar konzentrieren wir uns vor allem auf das Übersetzen in seiner gendertheoretischen Dimension. Viele Autorinnen der Aufklärung traten so zunächst als Übersetzerinnen hervor, wie etwa Luise Gottsched und Sophie von La Roche im deutschsprachigen Kontext. Dies lässt sich ebenso in den romanischen Literaturen, etwa in Spanien, Portugal und Frankreich beobachten, wovon etwa das Schreiben von Autorinnen wie Inés Joyes y Blake oder der Marquesa de Alorna zeugt.
Nicht selten dient die Übersetzung als Medium weiblicher Autorschaft; mal rekurrieren die Aufklärerinnen auf Paratexte der Übertragung, um feministische Essays zu publizieren, mal setzen sie sich an die Stelle des männlichen Autors und mitunter publizieren sie ihre eigenen Schriften unter dem Deckmantel einer vermeintlichen Übertragung. Die Übersetzung wird zur Strategie, um Partizipation am öffentlichen Diskurs der Aufklärung einzufordern und weibliche Autorschaft zu etablieren.
Anhand der Bedeutung des Übertragens spürt das Seminar den Schreibpraktiken von Aufklärerinnen aus Frankreich, Spanien und Deutschland nach. Für diese gendertheoretischen Perspektive gilt es zunächst weibliche Autorschaft und die Bedeutung sprachlicher Transferprozesse historisch in die Diskurse der Aufklärung einzuordnen. Ziel unserer Lektüren ist es, das Schreiben von Frauen im 18. Jahrhundert ernst zu nehmen, doch zugleich Dichotomien wie ‚Übertragung‘ und ‚Original‘, ‚Autor‘ und ‚Übersetzerin‘, ‚Mann‘ und ‚Frau‘, ‚Muttersprache‘ und ‚Fremdsprache‘ textanalytisch zu überwinden.
Das Seminar steht in Dialog zu meinem aktuellen Forschungsprojekt zu mehrsprachigen Poetiken der Aufklärung. In diesem wende ich mich vor allem dem Übersetzen als translingualem Verfahren zu, das für Schriftstellerinnen der Epoche zu einer zentralen Ausdrucksform wird.
Zur Seminarbeschreibung im aktuellen Vorlesungsverzeichnis: