Neue Website theoriespuren.de - Online-Enzyklopädie Frauen in der Theoriegeschichte
Vor ein paar Tagen habe ich die Online-Enzyklopädie zu Frauen* in der Theoriegeschichte veröffentlicht auf der Website theoriespuren.de – offiziell feiern wir den Launch mit dem Cornelia Goethe Centrum am 7. Juli (s. Plakat) mit Beiträgen von Studierenden. In dieser Online-Enzyklopädie der weiblichen Theorie werden Porträts zu Theoretikerinnen verfügbar gemacht, die nachhaltig für die Lehre und Forschung nutzbar sein sollen. In kreativen und explorativen Beiträgen – Essays, Graphic Novels, Podcasts – stellen diese Einträge das Werk von Theoretikerinnen* vor.
Das Projekt möchte weibliche Theorie sichtbar machen und damit zu mehr Diversität in Seminar- und Lehrplänen beitragen. Die dort veröffentlichten Texte möchten gelesen und rezipiert werden und suchen hierfür nach neuen Wegen, Theorie aufzubereiten. Die Website und die Enzyklopädie sollen Spuren legen und dazu anregen, sich weiter mit dem Werk von Theoretikerinnen auseinanderzusetzen – sie verstehen sich als work in progress.
In den meisten Einführungswerken zur Literaturtheorie fehlen Darstellungen zu Margarete Susmann. Käthe Hamburger wird wenig gelesen, Gloria Anzaldúa jenseits der Hispanistik kaum wahrgenommen. Namen wie Svetlana Boym, Eva Illouz, Rita Felski, Hortense Spiller, Mieke Bal haben die meisten Lehrenden und Studierenden schon einmal gehört, aber auch gelesen?
Die meisten werden nicht mitbedenken, dass wir Margarete Susman das Konzept des ‚lyrischen Ichs‘ verdanken, dass Monique Wittig maßgeblich Judith Butler geprägt hat und dass nicht nur Luce Irigaray, sondern auch Sarah Kofman und Shoshana Felman die geschlechtlichen Implikationen der Psychoanalyse kritisiert haben.
Nicht immer waren es jedoch Prozesse von Kanonisierung, die mit der geringeren Sichtbarkeit vieler Theoretikerinnen zusammenhängen. Mitunter waren Lebenswege und historische Erfahrungen schuld, dass wir etwa Käte Hamburger kaum lesen. Viele Theoretikerinnen distanzierten sich auch bewusst von universitären Kontexten. Dies gilt etwa für Gloria Anzaldúa oder auch für Sarah Ahmed. Und auch ästhetische und theoretische Entscheidungen mögen dazu beitragen, dass viele Theoretikerinnen nicht immer als solche wahrgenommen werden. Maria Stepanova hat mit Nach dem Gedächtnis so ein Werk vorgelegt, das ebenso Roman wie Theorie ist, das gleiche gilt für Maggie Nelson, die in The Argonauts nach einer Form zwischen Literatur und Theorie gesucht hat. Das diese literarischen Elemente und persönlichen Bezüge jedoch inhärenter Teil der Theoriegeschichte ist jeder Leserin von Montaigne klar.