BMBF-Verbund Lost in Archives

Neue Narrative
Lost in Archives

BMBF-Verbund Lost in Archives

Das BMBF-Verbundprojekt „Lost in Archives“ sucht nach unsichtbaren und vergessenen Frauen, die im 18. und im frühen 19. Jahrhundert in männlich dominierten Bereichen (Theater, Literaturkritik, Militärliteratur) tätig waren. An der Goethe-Universität ist der Arbeitsbereich Literaturkritik angesiedelt, den ich leite und in dem Grace Evans als wissenschaftliche Mitarbeiterin tätig ist. Das Projekt ist Bestandteil der Förderlinie „Innovative Frauen im Fokus“ und wird von Dr. Alissa L’Abbée koordiniert. Den Arbeitsbereich Militärliteratur an der Universität der Bundeswehr leitet Prof. Dr. Isabelle Deflers (Lehrstuhl für die Geschichte der Frühen Neuzeit, Universität der Bundeswehr, München). Dr. Anna Axtner-Borsutzky ist Projektleiterin am Institut für Deutsche Philologie LMU München und untersucht die Rolle von Frauen im Theaterwesen des 18. Jahrhundert.

Das Team von insgesamt zwölf Personen (drei Projektleiterinnen, drei wissenschaftlichen Mitarbeitenden und sechs studentischen Hilfskräften) wird durch intensive Archivforschung die Leistung von bisher unbekannten Frauen finden und sichtbar machen. Dies soll durch Archivarbeit und einen interdisziplinären Ansatz, der auf Methoden der Geschichts- und Literaturwissenschaft basiert, erfolgen. Die innovativen Leistungen dieser Frauen sollen öffentlichkeitswirksam, u. a. in Form einer Wanderausstellung und Graphic Novel, aufbereitet werden.

Die methodologischen Prämissen basieren auf der Hermeneutik, Textanalyse und Archivologie, ebenso werden Ansätze aus den Material Cultures berücksichtigt. Das Erkenntnisinteresse richtet sich zum einen auf die Rekonstruktion der (fragmentarischen) Biografien der Frauen, zum anderen auf die Mechanismen, die zu ihrer Vergessenheit beigetragen haben. Die Frauen werden in Konstellation zueinander, intergenerational und intersektional (Stand, Konfession, Alter, Familienstand) betrachtet, um spezifisch weibliche Bildungs- und Karrierewege, Wissensorte und -praktiken zu identifizieren. Um diese Frauen zu finden, geht das Projekt von den Nachlässen bekannter Gelehrter aus und sucht in den Paratexten ihrer Schriften (Danksagungen, Fußnoten), Korrespondenzen und Familienarchiven nach Spuren weiblicher Geistesarbeit.

Literaturkritik

Marcel Reich-Ranicki, Walter Jens, Volker Weidermann, Denis Scheck – der Literaturkritiker ist bis heute ein Mann, jedenfalls scheint es so. Wie der gesamte Literaturbetrieb unterliegt auch die Kritik einem gender bias. Historische Beiträge zum Beginn der Literaturkritik im 18. Jahrhundert konzentrieren sich fast ausschließlich auf männliche Akteure und übersehen die vielen Frauen, die publizistisch tätig waren und durch ihre Beiträge in kleinen Formen über Literatur nachdachten. Das Teilprojekt wird eine neue Perspektive auf die Herausbildung der Literaturkritik im 18. Jahrhundert werfen und die vielen Frauen sichtbar machen, die sich publizistisch, privat, literarisch und wissenschaftlich als Kritikerinnen betätigten. Gerade Frauen rekurrierten auf ephemere Publikationsformen, wie Rezensionen, Übersetzungen und Korrespondenzen, um systematisch über Literatur nachzudenken. Damit hat es das Forschungsprojekt mit einer doppelten Unsichtbarkeit zu tun und muss nicht nur vergessene Kritikerinnen, sondern auch Formate in den Blick nehmen, die im Vergleich zum Roman und Drama nicht immer als archivwürdig galten.
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